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Dialog konkret - eine Anleitung


Photo by June Wong on Unsplash

Die Redaktion des Fachmagazins HR Today hat mich gebeten, zusammen mit meinem Artikel auch eine sogenannte "Toolbox" zum Dialog zu erstellen. Hier sind meine Gedanken dazu, wie sich Dialog in Unternehmen etablieren lässt:


Dialog setzt eine grundlegende Fähigkeit der beteiligten Menschen voraus: die Kompetenz der Unterscheidung von Wahrnehmung, Resonanz und Interpretation.


In jedem Gespräch werden Informationen mit allen fünf Sinnen wahrgenommen. Während ich zuhöre, empfange ich auf den anderen Kanälen zusätzliche Informationen. Dieser Wahrnehmungsstrom (Schritt 1) kann in mir Resonanz (Schritt 2) auslösen: ich fühle plötzlich Ärger oder Freude, werde wütend, verdrossen, fühle mich beklommen oder berührt.

Mein Geist filtert den Wahrnehmungsstrom und bildet Interpretationen (Schritt 3): er kategorisiert, bewertet, verurteilt. Das alles geschieht unbewusst und - so scheint es - im selben Moment. Dieser 'Mechanismus' verhindert jedoch, dass wir Menschen und Situationen offen begegnen und gemeinsam denken und lernen.


Dialog ist angewandte Achtsamkeit (Mindfulness). Achtsamkeit bedeutet nicht, Resonanz und Interpretation zu unterdrücken, sondern sich ihrer bewusst zu werden.


Dialogische Fähigkeiten:


a) Zuhören lernen:


Nehmen Sie sich vor, wirklich zuzuhören, Ihrem Gegenüber Raum zu geben, nicht zu unterbrechen, Pausen auszuhalten. Stattdessen beobachten Sie ihre Resonanzen und Gedanken (Interpretationen). Wie verändert sich ihr Gefühl? Welche Gedanken kommen Ihnen in den Sinn? Wie beurteilen Sie das Gehörte? In welcher Absicht wollen Sie fragen, beweisen, argumentieren, streiten?


b) Interpretationen beobachten:


Indem Sie ihren Geist erforschen, lernen Sie Ihre Interpretationen kennen. Machen Sie sich bewusst, dass ihre Interpretationen nur Ihre Erfahrungen widerspiegeln, aber nicht eine objektive Realität darstellen. Ihr Gegenüber hat seine eigenen Erfahrungen gemacht und Interpretationen entwickelt. Unterziehen Sie ihre Interpretationen einem Reality-Check: "Ich nehme wahr, dass... und das interpretiere ich als... Stimmt das?"


c) Resonanz mitteilen


Meistens ist im beruflichen Alltag nur sachliche Kommunikation zugelassen, trotzdem entsteht in uns Resonanz. Lernen Sie im Dialog, diese auszudrücken ("Das macht mich wütend/unsicher/frustriert") statt ungebremst auszuleben. Zeigen Sie sich. Indem Sie Resonanzen mitteilen, bieten Sie ihrem Gegenüber die Möglichkeit, selbst seine Resonanz auszusprechen. Das ist für einen vertrauensvollen Dialog unerlässlich.


d) Authentisch sprechen:


Drücken Sie Ihre Gedanken ehrlich und offen aus. Vermeiden Sie Phrasen oder abgedroschene Buzzwords. Messen Sie ihre Worte daran, ob Sie der ehrlichen Verständigung dienen (oder anderen Absichten wie Verschleierung, Powerplay, Angeberei). Lassen Sie sich Zeit.


Dialog ist angewandte Achtsamkeit.

Dialogische Form:


Die 4 beschriebenen Fähigkeiten entfalten sich am besten in einem vertrauensvollen Setting. Die folgenden Hinweise sollen Ihnen helfen, der Kultur des Dialogs einen guten Rahmen zu geben:

  • Machen Sie die 4 oben genannten Prinzipen öffentlich, z.B. auf einem Flip-Chart, erinnern Sie sich während des Dialogs daran

  • Suspendieren Sie Status/Hierarchie, Führungskräfte müssen auf Dialog vorbereitet werden, arbeiten Sie mit einem Facilitator

  • Sitzen sie im Kreis und sorgen Sie dafür, dass nichts zwischen Ihnen steht (Tische etc.)

  • Verlangsamen Sie immer wieder das Tempo, lassen Sie Pausen zu, setzen ggf. einen Talking Stick ein (nur wer den Stick hält spricht)

  • Bemühen Sie sich um Unterscheidung (ohne zu trennen), ringen Sie um Wahrhaftigkeit (statt um Recht-Haben), suchen Sie das Verbindende

  • Nehmen Sie sich mehrere Stunden Zeit

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